
Wundervolle 150 Tage, 12000 km, 5 Länder und ein abenteuerlicher Nagel
Das letzte Jahr war durch die Pandemie kein einfaches Jahr.
Doch was wäre, wenn wir die Ereignisse aus einem anderen Blickwinkel betrachten und als Chance für uns und die Welt sehen? Die Chance etwas besser zu machen, anders zu machen und etwas zu verändern.
Als wir unsere Reise geplant haben – bereits im Oktober/ November 2019 – haben wir uns von unserer Intuition leiten lassen, etwas anders zu machen. Wir wussten, dass es Zeit für Veränderung war. Wir wollten einen „neuen“ Weg zu Reisen und Arbeiten erkunden – zumindest „neu“ unter den Angestellten von uns. Denn warum sollte es nicht möglich sein, wenn die Arbeitsbedingungen es zulassen, beides zu verknüpfen, um seine Träume zu verwirklichen?
Leben im Camper
Wie ist es wohl fünf Monate komplett in einem Camper zu leben? Ist die Realität wirklich so schön, wie in den Träumen erhofft?
Nein, ist sie nicht.
Sie ist noch 1000 Mal schöner!

Natürlich hat es auch seine Tücken und Hürden. Aber die Freiheit, die wir dadurch erlangt haben und die liebevolle, gemütliche Einrichtung hat es uns leicht gemacht, darüber hinweg zu schauen und das Leben in unserem neuen Zuhause ausgiebig zu genießen.
Am Anfang hatte ich auf jeden Fall unzählige blaue Flecken, vor allem an den Beinen. Oder Beulen am Kopf. Ständig habe ich mich in dem kleinen Raum an Ecken und Kanten gestoßen. Wir wussten schon, warum wir unsere Hängeschränke rund gebaut haben. Außerdem mussten wir fast ständig aufräumen oder Dinge hin und her räumen. Für Dinge, die zu Hause selbstverständlich sind oder weniger Zeit kosten, mussten wir im Camper (mehr) Zeit einplanen. Dazu gehörte zum Beispiel das Abwaschen, tägliches Aufräumen, einen neuen Ort zum Schlafen suchen, die Toilette entleeren oder das Frischwasser auffüllen.
Gleichzeitig entschleunigt dies enorm. Das Leben fühlt sich langsamer und bewusster an. Es hilft dabei diese Dinge mehr zu schätzen und auch viel bewusster und sparsamer damit umzugehen. Diese Erkenntnis und Dankbarkeit, für all das, was wir heutzutage daheim besitzen, ist etwas, was wir in unseren Alltag zu Hause gerne mitnehmen und auch ebenfalls sparsamer als zuvor damit umgehen – insbesondere beim Wasserverbrauch.

Wir haben gemerkt, dass wir uns kaum einschränken mussten. Uns fehlte es (eigentlich) an nichts – bis auf eine Duschkabine im Camper, als die Tage kälter wurden. Wir hatten alles, was wir brauchten. Auch der Platz reichte perfekt aus, um alles wichtige dabeizuhaben und gleichzeitig dort zu arbeiten und zu wohnen. Wir mussten weniger Kompromisse eingehen, als wir vorher gedacht hatten. Es tut gut, eher weniger zu besitzen und kann sogar erleichternd sein. Daher haben wir zu Hause auch erst einmal wieder etwas ausgemistet. Weniger ist manchmal mehr.

Arbeiten im Camper
„Kann man sich überhaupt konzentrieren oder arbeiten, wenn sich vor einem der Strand und das Meer befindet?“ – Das und ähnliches wurden wir oft gefragt, bevor wir losgefahren sind. Wir haben uns von Anfang an keine Sorgen darüber gemacht. Tatsächlich konnten wir sogar noch produktiver arbeiten auf dieser Reise, als irgendwo anders.

Am Morgen einen Blick auf das Meer zu werfen oder zwischendurch während der Arbeit hat mir ein wunderbares Gefühl verliehen und jeden Arbeitstag versüßt. Auch wenn ich eigentlich einen stressigen Arbeitstag vor mir hatte, hat mich dieser Anblick und sicherlich auch meine Situation enorm entspannt und jeder Stress war verflogen. In der Mittagspause konnten wir am Strand oder draußen an unserem Camper in der Natur Mittagessen. Und das Abschalten nach der Arbeit klappte so gut wie nie zuvor. Denn beim Surfen, Kiten oder Klettern muss man ganz bewusst im hier und jetzt sein mit seinen Gedanken. Und selbst wenn wir nur einen Strandspaziergang oder anderweitig unseren Feierabend draußen in der Natur verbracht haben, die Entspannung war immer garantiert.
Ich habe zudem gemerkt, wie ich kreativer wurde. Für meinen monatlichen Vlog kamen mir während oder manchmal auch nach der Arbeit (stressfrei) zum Beispiel viel schneller und einfacher gute Ideen. Die Videotakes wurden vielleicht dadurch etwas aufwendiger – vor allem, wenn man einen Dreh beim Klettern aufnimmt 😉 – sie wurden dafür aber auch umso abwechslungsreicher. Wir hatten einfach perfekte Bedingungen und ein sehr inspirierendes Umfeld.

Außerdem waren unsere Arbeitsplätze besonders abwechslungsreich, was nicht nur an der ständig wechselnden Aussicht lag. Für kreative Arbeiten oder „gemütliche“ Meetings konnten wir auf dem Bett arbeiten. Arbeitsplatz Nummer eins war jedoch unser Esstisch. An unserem Tisch konnte eine Person auf dem umgedrehten Autositz und die andere gegenüber auf der Sitzbank sitzen. Falls wir eine Sitzpause brauchten konnten wir an der hochklappbaren Küchenarbeitsplatte arbeiten. Zudem hatte ich für diesen Tisch sogar meinen ergonomischen, höhenverstellbaren Schreibtischhocker dabei (der im Nachhinein vielleicht etwas überflüssig war). Bei schönem Wetter und geeigneten Orten konnten wir draußen sitzen.
Nach der Arbeit verstauten wir unser Equipment in unseren „Schreibtischen“. All unser tägliches Arbeitsmaterial passte in einen Sitzorganizer, von welchen wir jeweils einen am Fahrer- und einen am Beifahrersitz besitzen. So war morgens alles sofort griffbereit, was mir sehr wichtig war. Sogar einen zweiten Bildschirm hatten wir dabei, da ich diesen für Videobearbeitungen und für Präsentationen benötige und Sven für Planungsaufgaben. Diesen teilten wir uns je nach Bedarf, was sehr gut funktioniert hat. Falls wir etwas drucken hätten müssen, wäre dies auch gegangen. Sven hatte sich zuvor extra noch einen kleinen Drucker gekauft, da er manchmal (immer noch leider) Dokumente handschriftlich unterschreiben muss. Es stellte sich zum Glück heraus, wie von mir vermutet, dass dieser Drucker wirklich der unnötigste Gegenstand war, den wir dabei hatten. Falls jemand noch einen Drucker benötigt, sagt gerne Bescheid!

Und sicherlich das bedeutendste, wenn man unterwegs arbeiten möchte, ist ein „gutes“ Internet. In Frankreich kauften wir uns gleich zu Beginn eine französische SIM Karte von free, welche es in vielen Zeitschriftenläden über einen Automaten zu kaufen gibt. Die SIM Karte kostete 10€ und das Guthaben 19,90€ für einen Monat und 100 GB. Man kann sie nur für einen Monat kaufen ohne eine automatische Verlängerung oder unlimitiert. Allerdings ist das Kündigungsverfahren etwas aufwendiger, da es per Post schriftlich eingereicht werden muss. Daher entschieden wir uns für die zwei Monate pro Monat eine neue SIM Karte zu kaufen.
In Portugal holten wir uns eine Prepaid SIM Karte von NOS, die Kanguru Livre XL für 2,50€ und 1€ / Tag für unbegrenztes Internet.
Diese SIM Karten platzierten wir in unserem TP Link. Am Anfang hatten wir etwas Probleme im Camper guten Empfang zu finden, da wir unseren Camper zu gut isoliert haben. Am Fenster fanden wir jedoch immer recht guten Empfang (vor allem in Portugal). Manchmal mussten wir ihn allerdings draußen auf den Spiegel oder sogar auf das Dach legen. Wir können auf jeden Fall sagen, dass der TP Link sehr robust ist. Neben vielen Stürzen und sogar einer Autofahrt auf dem Dach hat er uns bis zum Schluss gute Dienste geleistet. Ab Mitte September hatten wir auch endlich Klettband (ganz vielen Dank für diesen hervorragenden Tipp @Harald Schirmer), womit wir unseren treuen Gefährten überall etwas sicherer platzieren konnten.

„War das Internet überall gut?“ – Insgesamt können wir sagen: Ja! Sogar zum Video hochladen und herunterladen hat es meist sehr gut funktioniert. Das einzige Problem war am Anfang in Frankreich mein OneDrive, welches leider ewig dauerte, um zu synchronisieren. Das erste Mal vollständig synchronisiert hat es erst wieder im Süden von Frankreich, als wir direkt unter einem Sendemast geparkt haben.
Nur zweimal mussten wir in Portugal morgens zu einem anderen Ort fahren, da das Internet zu schlecht war. Generell konnten wir feststellen, dass der Internetempfang jeweils im Süden von Frankreich (es war Hochsaison im Sommer an der Atlantikküste) und von Portugal (keine Hochsaison, aber der südlichste Zipfel auf dem Festland von Europa und zu viele Camper) am schlechtesten war.
Wir haben bei wichtigen Terminen oder Präsentationen meist am Tag zuvor bereits einen ruhigen Ort mit guter Internetqualität gesucht. Das war der einzige Stressfaktor, den ich während dieser gesamten Reise hatte. Die Suche nach gutem Internetempfang oder die Angst, dass er plötzlich zu schlecht sein wird, vor und während wichtigen Meetings und Präsentationen hat mich manchmal gestresst. Im Nachhinein war dies völlig unnötig, da tatsächlich immer alles gut funktioniert hat.

Insgesamt können wir festhalten, dass es der beste Arbeitsplatz war, den wir in diesem Jahr haben konnten. Meetings und Workshops fanden durch die Pandemie sowieso alle virtuell statt und die meiste Zeit hätten wir sonst zu Hause zum Arbeiten gesessen. Es hat gezeigt, dass es nicht entscheidend ist, von wo wir arbeiten, sondern letztendlich zählt das Ergebnis. Und das hat sich sogar – insbesondere, was meine kreative Arbeit angeht – verbessert. Da ich bereits vorher sehr viel virtuell mit Kollegen zusammengearbeitet habe und wir auch die nötigen Tools dazu besitzen, hat es sehr gut funktioniert einfach genauso weiterzuarbeiten. Durch Kurzarbeit hatte ich manchmal einen Tag mehr in der Woche frei, welcher sehr wertvoll war. Würde ich diese Reise noch einmal machen, dann würde ich auf diese Wochenarbeitszeit reduzieren – 4 Tage arbeiten, 3 Tage Wochenende, das war perfekt! Generell kann ich jedem, der die gleichen Möglichkeiten hat virtuell zu arbeiten, dieses „New Work Experiment“ sehr empfehlen. Ich verspreche, es lohnt sich!
Kulinarische Höhepunkte im Camper
Wenn wir unsere Mahlzeiten betrachten, dann können wir auf außerordentlich abwechslungsreiche und gesündere fünf Monate zurückblicken. Dadurch, dass wir keinen Ofen im Camper haben, „mussten“ wir uns immer etwas leckeres selber kochen. Durch die Pandemie wollten wir so gut es geht auf Essen außerhalb des Campers verzichten. Das erste Mal waren wir nach fast zwei Monaten im Süden von Frankreich essen.

Durch das Selberkochen haben wir vor allem Regionales gegessen – alles was aus dem Meer kam, war unsere Lieblingsspeise auf der gesamten Reise. Wir haben zum ersten Mal Muscheln selbst gesammelt und gekocht, unzählige Crevettes (Garnelen) mit Baguette verspeist, Sepia und Oktopusarme getestet und ich bin in den Genuss von einigen Austern gekommen.
Fisch haben wir meist draußen auf unserer Plancha gekocht mit leckerem Gemüse und Kartoffeln oder Reis. Es gab Stachelrochen, Sole, Dorade, Scholle, … und Kabeljau in allen Varianten – gegrillt, gekocht, gebraten, paniert oder püriert. Manchmal wussten wir nicht so genau, welcher Fisch es war aber er sah so lecker im Fischladen aus, dass wir ihn mitgenommen haben. Im Großen und Ganzen haben alle Sorten sehr lecker geschmeckt. Unser absoluter Favorit waren jedoch Stachelrochen und Sole, welche wir uns öfters gekauft haben.

In Portugal waren wir ein paar Mal öfter essen, als in Frankreich, um die lokalen Spezialitäten besser kennenzulernen. Wir haben bei einem gemischten Meeresgericht Sardinen und einen riesen Krebs (in vier Teile geteilt lag er komplett im Essenstopf) probiert. Beides hat uns allerdings nicht besonders zugesagt. Auch die Fleischgerichte im Norden von Portugal waren eher nicht nach unserem Geschmack. Außer das Bifana, ein Brötchen mit einem Fleischstück (meist Schwein) drauf, hat uns ganz gut geschmeckt. Das beste gab es in der kleinen Bar bei den Minen, wo wir zum Canyoning waren.

Manchmal hatten wir genug von Meeresgetier in dieser Form und wir brauchten kulinarisch-kulturelle Abwechslung. Dafür eignete sich besonders mein Hähnchencurry mit Curry aus Sri Lanka, selbstgemachte Sushi oder Sommerrollen und zum Schluss hatten wir sogar noch Papadam für uns entdeckt. Klassische Nudeln mit z.B. vegetarischer Bolognese, Lachszucchini oder Gemüsesoße schmeckten natürlich auch immer gut. Und wenn es mal schnell gehen musste, zum Beispiel während der Arbeit, haben wir uns Burger oder Hotdogs selbstgemacht oder Salat gegessen.
Was wir mit nach Hause nehmen möchten ist auf jeden Fall die geringere Nutzung des Ofens. Natürlich lieben wir es auch lokales Essen zu kaufen, damit werden wir auch zu Hause weiter machen. Für mehr Fisch- oder Meerestiergerichte müssten wir dazu allerdings ans Meer ziehen…
Wunderbare Begegnungen
Ein besonderes Highlight auf Reisen sind meiner Meinung nach immer die Begegnungen mit anderen Menschen vor Ort. Zufällige Begegnungen mit Fremden, ein gutes Gespräch, der Austausch über Land und Kulturen und interessante Geschichten bereichern jede Reise.
Am Anfang in Frankreich waren wir eher sehr einsam unterwegs. Durch die Pandemie haben wir versucht, Menschen so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Da wir sehr autark unterwegs waren, klappte dies auch sehr gut. Umso mehr haben wir uns gefreut im Sommer endlich mal wieder Bekannte zu treffen, als Melanie und JM „zu Besuch“ kamen.
Jede Begegnung mit Menschen in Frankreich oder Portugal war immer sehr herzlich. In Portugal trafen wir sogar ein reisendes Pärchen, mit denen wir abends am Strand bei einem gemütlichen kleinen Lagerfeuer zusammensaßen. Auch die Begegnungen auf den Farms, auf welchen wir übernachteten waren sehr interessant. Lange Nächte am Lagerfeuer standen dort an der Tagesordnung.
Leider Begegneten wir dort auch dem Nagel. Zum Glück war dies die einzige Begegnung, die wir auf der gesamten Reise mit einer Panne hatten – Toi, toi, toi!!

Genauso wichtig, wie der Kontakt mit Land und Leuten, ist auch die Begegnung mit sich selbst. Wir verbrachten viel Zeit in der Natur und mit uns. Viele Gedanken oder neue Ideen schwirrten manchmal in unserem Kopf herum, über die wir uns austauschten. Wir haben erkundet, was wirklich wichtig für uns ist im Leben. Daraus werden wir ewig profitieren und uns an jede einzigartige, wundervolle Erfahrung, die wir gemacht haben zurück erinnern und so unseren Weg nach unseren Träumen ausrichten.

Mit den Wellen reisen – Eine Meerliebe
Die komplette Reise haben wir uns immer vom Wellenrauschen leiten lassen. Wir fuhren an der Küste entlang durch die Niederlande und Belgien nach Frankreich, wo wir zwei Monate am Meer entlang bis zur Grenze nach Spanien fuhren. Eigentlich sollte unsere Reise ganz anders aussehen.
Ursprünglich wären wir erst nach Norwegen gefahren, was aufgrund der Pandemie nicht möglich war. Wir mussten uns neu definieren, neue Wege finden und offen gegenüber dem sein, was kommt. Denn die aktuelle Lage änderte sich ständig. Durch unsere Offenheit, etwas Glück und Intuition haben wir es tatsächlich immer geschafft den richtige Weg einzuschlagen. Wir waren in Frankreich, als die Infektionszahlen niedrig waren und verließen es wieder, als sie stiegen. Statt eine Woche an Spaniens wunderschönen Nordküste zu verbringen entschieden wir uns lieber schnell durchzufahren, um Portugal zu erreichen. Als wir im Norden waren, war die Lage dort noch sehr gut. Wir haben es während unserer gesamten Reise fast bis zum Schluss geschafft, in keinem Risikogebiet zu verweilen. Denn die Algarve, wo wir die letzten Wochen verbrachten, wurde erst in unseren letzten drei Tagen zum Risikogebiet erklärt.

Das Leben am Meer hat uns sehr, sehr gut gefallen. Es ist faszinierend, welche Kraft es hat. Wir haben oft den Wellen zugeschaut und die frische Meeresbrise genossen. Irgendwie hat es auch eine beruhigende, meditative Wirkung. Manchmal kann es allerdings auch sehr laut werden. Das merkten wir vor allem, wenn wir für ein paar Tage in die Berge fuhren, wo eine unendliche Stille herrschte. Doch bald wollten wir schon wieder zurück ans Meer. Wir konnten feststellen, dass die Kombination aus Bergen und Meer perfekt für uns ist. Wir könnten uns sehr gut vorstellen für eine gewisse Zeit ans Meer oder sogar aufs Meer zu ziehen. Mal sehen, was die Zukunft für uns bringt. Sie liegt auf jeden Fall in unserer Hand und wir werden das beste daraus machen. Auch wenn die Lage vielleicht manchmal nicht günstig erscheint, kommt es immer darauf an, das Beste daraus zu machen und positiv zu bleiben. Wir haben dies in 2020 definitiv geschafft und werden auch in 2021 uns und unserer Intuition vertrauen und Veränderungen als Chance sehen.